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Gesundheit oder Kommerz? Handelsabkommen EU – USA mit fragwürdigen Regeln

Derzeit wird zwischen der Europäischen Union und den USA das sogenannte TTIP-­Abkommen ausgehandelt, das sich auch wesentlich auf die Gesundheit und die Arzneimittel­versorgung auswirken wird.

Die Verhandlungen zur Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP1) finden im Geheimen statt. Die Europäische Kommission und die US-Regierung arbeiten an einem umfassenden Vertragswerk, das die Bedingungen für Firmen im transatlantischen Handel verbessern soll. Handelshemmnisse sind aus Sicht der Unternehmen vor allem Gesetze, die Umwelt und Verbraucher schützen sollen. Da die EU fast nur Firmen in den Verhandlungsprozess einbezieht, ist Skepsis angebracht.2 Der kürzlich veröffentlichte Text des CETA-Handelsabkommens mit Kanada3 gibt einen Vorgeschmack. Denn CETA dient laut EU als „Blaupause“ für das TTIP-Abkommen mit den USA.

Staat soll Firmen Schadensersatz zahlen

Schiedsgerichte sollen es Unternehmen künftig ermöglichen, von Staaten Schadensersatz zu fordern, wenn ihnen Gewinne entgehen. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn ein Land entscheidet, ein Medikament wegen zu geringen Nutzens oder eines zu hohen Preises nicht zu erstatten. Zwischen den USA und Kanada existiert bereits ein ähnliches Handelsabkommen. Wie wir in GPSP 5/2014 (S. 14) berichteten, gibt es Klagen von US-Pharmakonzernen gegen Kanada. Immerhin ist die öffentliche Debatte über die zweifelhaften Schiedsgerichte bei TTIP inzwischen ins Rollen gekommen, aber sie sind noch längst nicht vom Tisch.

Vorzensur für Gesetze?

Zwischen der EU und Kanada bzw. den USA soll die regulatorische Kooperation verbessert werden. Geplante Gesetze sollen vorab auf die Vereinbarkeit mit den Handelsabkommen geprüft werden und Interessengruppen (sprich die Industrie) angehört werden.

Auch über Entscheidungen, wie etwa die Zulassung von Medikamenten oder geplante Verbote soll ein Austausch stattfinden – mit dem Ziel, einheitliche Beschlüsse zu erreichen. Dabei besteht die Gefahr, dass zu Lasten der Bürger und Bürgerinnen Kompromisse auf niedrigem Niveau geschlossen werden

Es wird teuer

Die neuen Handelsabkommen sollen den Marktzugang erleichtern. Das ist bei Arzneimitteln aber nicht immer wünschenswert, denn es gibt bessere und schlechtere Mittel. Eine Regulierung der Arzneimittelpreise wie in Deutschland kann aber künftig als Handelshindernis verstanden werden. Außerdem wird ein langer Patent- und Unterlagenschutz festgeschrieben. All das treibt die Gesundheitskosten in die Höhe und steigert die Krankenkassen-Beiträge.

Transparenz als Ausnahme

Schließlich besteht die akute Gefahr, dass die Transparenz auf der Strecke bleibt. Gerade erst hat das Europäische Parlament beschlossen, dass alle Ergebnisse von klinischen Studien zu Arzneimitteln veröffentlicht werden müssen. Das CETA-Abkommen dagegen schränkt die Veröffentlichungsrechte stark ein, der Schutz von „Geschäftsgeheimnissen“ erhält den Vorrang.

 

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 06/2014 / S.05