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Ein anderes Krebs-Buch

Martin Bleif (2013) Krebs. Die unsterbliche Krankheit. Stuttgart: Klett-Cotta, 528 Seiten, 24,95 €

Martin Bleif hat 528 Seiten über das Leiden an Krebs geschrieben. Er widmet sein Werk „Krebs. Die unsterbliche Krankheit“ seiner Frau Imogen – und all denen, die von Krebs betroffen sind. Und das sind hierzulande mehr als eine halbe Million Menschen. Warum schrieb er das Buch?

Imogen und Martin Bleif sind seit kurzer Zeit überaus glückliche Eltern. Doch schon bald gerät ihre Welt ins Wanken. Imogen spürt einen Knoten in ihrer Brust. Es ist Krebs. Ein Schlag ins Gesicht für alle – mit unendlich quälenden Gedanken für Imogen und Martin. Warum Imogen? Was können wir nur tun? Martin ist ­Radioonkologe, hat tagtäglich mit Krebspatienten zu tun. Er versucht, seiner Frau und sich Mut zu machen, sie gründlich zu informieren, all ihre Fragen zu beantworten. Sehr persönlich und offen berichtet der Autor von dieser gemeinsamen Krebs-Reise, die mit Imogens Tod endet.

Der Autor hat diese Erlebnisse in besonderer Form zu Papier gebracht, ebenso wie die Antworten auf fast alle von Imogen gestellten fachlichen Fragen. Aus zwei nahezu sauber getrennten Perspektiven betrachtet Bleif in zwölf Kapiteln das Thema Krebs: Nicht nur rückblickend, packend und gefühlvoll, sondern auch medizinisch-sachlich. Biografisches erscheint zu Beginn der Kapitel stets kursiv gedruckt. Das Fachlich-Sachliche in gewöhnlicher Schrift. Der Autor ermöglicht so seinen Leserinnen und Lesern, je nach Stimmungslage, einzelne Abschnitte zu überspringen.

Und nicht nur viele Studierende oder Menschen vom Fach werden vermutlich dieses Buch am Schluss begeistert zuklappen, sondern auch studierwillige Laien. Es ist – abgesehen vom biografisch-tragischen Aspekt – eine fundierte, fast leichtfüßige andere Krebs-Reise. Sie führt uns in die Erforschung des Tumorgeschehens, nimmt uns mit in die Wissenschaftsgeschichte und moderne medizinische Therapie. Von der Vorsorge bis hin zu „Stahl oder Strahl“ (OP oder Bestrahlung). In eigenen Kapiteln werden auch Grenzbereiche wie alternative Krebstherapien oder die Spontanheilung offen hinterfragt und eingeschätzt.

Das Schlusskapitel überschreibt der Autor mit „Intermediärorbit“: Wie lebt man mit dem Krebs? Was bringt die Palliativmedizin? Mit welcher Lebenseinstellung lässt sich der Krebs als „Lebenspartner“ einbauen und psychisch „beherrschen“? Was ist, wenn Sterben und Tod in unmittelbare Nähe rücken?

Last but not least: Für jedes Kapitel finden sich im Anhang vielfältige Quellenangaben (34 Seiten!). Daneben gibt es ein Personenregister und ein nahezu unerschöpfliches Sachregister: von der ABCD-Regel bis hin zur Zytostatikaresistenz.
Das Buch lässt sich gewiss nicht im Schnelldurchgang erfassen und verarbeiten, aber es lohnt sich, dranzubleiben. Der elegante Schreibstil des Autors erleichtert das. Alles in allem eine berührende und zugleich spannende Lektüre. Traurig bleibt man zurück, weil Krebs – leider immer noch – nicht bloß ein Sternbild ist.

 

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 05/2014 / S.16